In Nord- und Süddeutschland heissen sie Kiosk, im Pott Bude, im Frankfurter Raum Wasserhäuschen und im Rheinland Büdchen. “Eine gemischte Tüte, bitte!”. Wer hat diesen Satz noch nie gesagt? Hand hoch! Als Kind habe ich mir am Büdchen oder im Tante Emma Laden immer Wassereis gekauft. Am Büdchen gegenüber der Grundschule Lakritzlutscher für 20,– Pfennig und am Büdchen auf der weiterführenden Schule Schokokuss Brötchen. Heute sieht man Büdchen nur noch selten. Sie verschwinden aus dem Stadtbild.
Was habe ich mich gefreut, als ich von Pixum und der Artbox44 eine Einladung erhielt an einer Büdchen-Stadttour durch Köln teilzunehmen: Auf den Spuren der Kölner Büdchen. Es war ein lauer Sommerabend (eine der wenigen aktuell!), blauer Himmel, frisches Lüftchen, wundervolle Motive für meine Kamera und mich. Wir starteten an der Nikolauskirche, Berrenrather Strasse Ecke Lotharstrasse. Dort steht das älteste Büdchen Kölns. Es wurde 1945 errichtet, wird heute zwar nicht mehr betrieben, aber von der umliegenden Nachbarschaft gepflegt und gehegt und gestrichen.
Weiter ging es zum Nikolausplatz, hinter der Kirche, dort wo früher der Bolzplatz des SpVgg Sülz 07 war. Die Fussballmannschaft aus Sülz fusionierte 1948 mit dem BC 01 aus Klettenberg zum 1. FC Köln. Unbezahlbar, wenn man einen kompetenten Stadtführer hat, der nebenbei solche Informationen preis gibt.
Bruno Knopp, waschechter Kölner und Sülzer Jung’, erzählte uns, beim Spaziergang durch die Stadt, viele Anekdoten über die beiden Veedel (Viertel) Sülz und Klettenberg und über die Kioske in Köln. In meiner Lieblingsstadt gibt es aktuell etwa 550 Büdchen. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren dramatisch gesunken.
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Vor allem die längeren Öffnungszeiten der Lebensmittel- und Supermärkte bedrohen die Existenz der Büdchen an der Ecke. Viele Büdchenbesitzer, die in der Regel den Laden ganz alleine schmeissen, schaffen es nicht da mitzuhalten. Dabei sind solche Treffpunkte in den einzelnen Veedeln so wichtig für die Bewohner. Für die, die sich auf ein bisschen Ratsch- und Tratsch treffen; für die, die sich abends noch ein kaltes Getränk oder Kippen kaufen; für die Kinder, die sich dort eine gemischte Tüte kaufen.
Früher gab es an den Büdchen übrigens keine alkoholischen Getränke. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ließen die Städte Trinkhallen, an denen es ausschliesslich sauberes Wasser zu kaufen gab, errichten. Sie wollte damit den Alkoholismus der Arbeiter in den Griff bekommen. Zu dieser Zeit entwickelte auch die Firma Nebgen die sog. Knickerflasche. Hier kannst Du sie Dir ansehen →.
So bummelten wir also von Sülz, über die Luxemburger Straße, die Siebengebirgsallee und die Petersbergstrasse nach Klettenberg. Vorbei an einigen Büdchen und deren Besitzern. Machten halt, tranken eine Brause, naschten aus der gemischten Tüte, hörten Bruno und den Inhabern der Büdchen zu. Dabei lernte ich Stefan Matthiessen kennen, der einzigartige Fotos Kölner Büdchen macht!
Der Höhepunkt kam in Form eines Schokokuss-Brötchens daher. Früher sagten wir dazu M***kopf-Brötchen. Meine Instagram Follower kennen es als Sportweckle, Datschweckle, Matschbrötchen, Fortunabrötchen, M***kopfdatsch, Klatschbrötchen, usw.! ;-) So eins habe ich das letzte Mal vor rund 20 Jahren gegessen. Erinnerungen werden wach….
Stadtführungen finde ich wundervoll. Ich hänge an den Lippen derjenigen, die so viel Wissen über ihre Stadt, ihr Quartier, ihr Veedel angesammelt haben und gerne weitergeben. So wusste ich bisher gar nicht, dass der Duffesbach unter der Bahnlinie der Luxemburger Strasse lang geht; dass da früher Fabriken, u.a. eine Fahrradfabrik, standen; dass es eine alte Hofanlage mit Namen Klettenberg gab, die dem Viertel ihren Namen schenkte; dass in den Räumlichkeiten der heutigen Reinigung Meise der Gründungsvertrag des 1. FC Kölns unterschrieben wurde.
Lieber Bruno, tausend DANK für diesen schönen und informativen Abend. Danke auch an Pixum und die Artbox44 für die Organisation. Ab sofort werden ich die Augen nach Kölner Büdchen aufhalten und wenn ich eines sehe, dann wird dort auch was gekauft! Eine gemischte Tüte oder Brause oder sowas!
Und, was kommt in Eure gemischte Tüte? Süßes oder Salziges? Ich hätte gerne ein paar Frösche, ein paar von den Lutschern daoben und unbedingt Lakritzbretzeln, bitte! Was macht das?
Liebe Grüße, Bine
33 Kommentare
Sehr schöne Bilder und wirklich mal eine schöne Aktion!
Kennst du noch diese kleinen lila Dinger (Veilchen hießen die glaub ich), die nach Seife geschmeckt haben? Aus unerfindlichen Gründen fanden wir die als Kinder toll.
Matschbrötchen hab ich auch geliebt! Muss ich auch mal wieder essen.
Liebe Grüße, Biene
Da rauscht was in meinem Hinterkopf…. lila, Veilchen… ein Bild habe
ich aber nicht vor Augen.
LG Bine
Der Gang zum Büdchen war für uns Pänz doch das Größte! Ich habe diese Schnuller so geliebt….. klebrig und süß! Na und Brausebrocken und Lakritztaler…. alles rein in die Tüte und dann schwelgen. Wenn ich mit meiner Uroma (ja, die hatte ich noch bis zu meinem 20. Lebensjahr) den Bürschel (Hund) ausgeführt habe, dann ging der Weg immer zum Büdchen. Für sie gab es die aktuelle Klatschzeitung und für mich ein Tütchen……
Das Büdchen gibt es auch heute noch, aber leider kann man da heute keine gemischte Tüte mehr kaufen – schade!
Eine tolle Tour hast du da gemacht! Herzlichen Dank, das du uns mitgenommen hast!!
Liebe Grüße
Trudi
Jaaaa Matschbrötchen !!! Ein Highlight in jeder Pause von mir .
Und ich brauchte immer die großen Colaflaschen als Weingummi und die gefüllten Lakritz “Stangen” .
Sehr Kultig dein Beitrag!
Oh ja, gefüllte Lakritzstangen… mag ich auch sehr gerne! ;-)
LG Bine
Liebe Sabine,
was für ein toller Artikel! Tolle Bilder & soo soo schön geschrieben;-))
Büdchen müssen unbedingt weiter leben, ich liebe die so sehr. In meine gemischte Tüte kommen Frösche, Kirschen & Schnuller!;-) Viele Grüße
Lieben DANK, Simone!
Am Wochenende wird am Büdchen eine gemischte Tüte gekauft!
LG Bine
Lieben Dank für diese kleine Zeitreise… aufgewachsen in “Porz” (damals noch kein Teil von Köln!)… “Wo ist Papa?” – “Im Büdchen” – okaaaayyyy… und schwubs war ich weg… AHOI-Brausebrocken… und ja… “unser” Büdchen lag im Wald… würde ich heute meine Kinder da alleine hinlaufen lassen? Es wurde dort geraucht, getrunken – hat es mir geschadet? Ich würde sagen: nein… grundsätzlich habe ich nicht sehr viele schöne Erinnerungen an meine Kindheit in (später dann) Köln – aber Büdchen und AHOI-Brausebrocken – das sind schöne Erinnerungen!! Danke…
Hach, ich freue mich, dass ich in Dir einige schöne Erinnerungen wecken
durfte! Ahoi Brause … da kamen bei mir auch Erinnerungen hoch, als
ich mein Tütchen während der Tour verputzte! ;-)
LG Bine
Huch, wie interessant! Als ursprüngliche Süddeutsche und seit 8 Jahren in Köln, sind die Büdchen für mich immer noch was Besonderes, etwas, dass Köln einfach aus macht! Sehr interessant, dein Artikel!
Liebe Grüße, Souhela :-)
P.s.: achja, in meine gemischte Tüte kommt vor allem Saures! Cola Kracher, saure Schlangen (oder wie die heißen) aber zwischendrin darf’s auch mal ne Banane sein :-D
Ich freue mich, dass ich Dir mit meinem Post ein paar interessante
Details über Köln erzählen konnte.
Ich mag lieber Lakritz, als dieses saure Zeugs. ;-)
LG Bine
Liebe Bine,
ich stelle immer mehr fest, dass ich Blogs am allerliebsten mag, bei denen das Schreiben, das Erzählen von Geschichten (mit) im Vordergrund stehen …deins gehört für mich definitiv dazu…ganz weit oben:-) Dieser Post ist wieder so toll erzählt!
Aaaalso, ich liebe noch immer diese kleinen, runden, aber flachen Brausebonbons …
Mit der Lütten habe ich erst gestern wieder bei “Osman” eine Nasch-Tüte gekauft … allerdings ohne Brausebonbons…die gibt’s mit Glück vielleicht mal (ziemlich teuer) auf nem Straßenfest … schade … hoch leben die Buden :-)
Liebe Grüße,
Dorthe
Herzlichen DANK für das nette Kompliment, Dorthe!
LG Bine
Was für ein schöner Artikel! Ich kenne diese Büdchen, ich kenne auch Sülz und Klettenberg ganz gut. Schliesslich habe ich einige Jahre in der Gustavstrasse gearbeitet und bin an den Wochenenden in der Gegend gerne mal um die Häuser gezogen. Mich haben die “Trinkhallen” auch immer fasziniert- jetzt kann ich endlich etwas mit diesem etwas sperrigen Begriff anfangen. danke! Klar haben auch wir als Kinder immer so richtig schön eingekauft im Büdchen. Für 1 Mark eine gemischte Tüte oder sorgfältig ausgewählte einzelne Süssigkeiten. Bei mir ist das schon fast 40 Jahre her-unglaublich… Ich habe einige Zeit in der Nähe der Poststrasse gelebt- Agrippabad und so :) . Da hatte ich die Idee- nur so aus Spass- einmal die Büdchen in der Gegend abzulaufen. Mir war nämlich aufgefallen, dass fast immer ein Büdchen in Sichtweite des nächsten Büdchens lag und ich wollte mal ausprobieren wie weit man mit der “Sichtweitenstrategie” so kommt. Auch das ist schon mehr als 15 Jahre her. Ich vermute, heute käme ich da nicht weit. Vielen Dank für Deinen schönen Beitrag!! Übrigens fühle ich mich Deiner Schreibe sehr verbunden, weil ich so viel kenne von dem worüber Du berichtest .
Liebe Grüsse
Wiebke
Lieben Dank für Deinen Kommentar, Wiebke! Die beiden Büdchen Nikolausplatz und
Lotahrstrasse sind auch in Sichtweise. Das ist mir gar nicht bewusst aufgefallen ;-)
LG Bine
…siehste :) !
Du hast mir mit deinem wundervollen Beitrag gleich in mehrfacher Hinsicht ein absolutes Geschenk gemacht !
Zum einen bin ich in Köln geboren und hatte gerade mal wieder das Gefühl durch meine alte Heimat zu laufen, zum anderen bin ich mit 11 Jahren ins Schwabenland gezogen und wurde somit meiner geliebten Taschengeldausgabequelle beraubt: hier gibts keine Büdchen :-(
Das war ein richtiger Schock !
Was habe ich es geliebt alleine einkaufen zu gehen und kopfrechnenderweise die Büdchenverkäufer minutenlang eine Dose nach der anderen öffnen und wieder schliessen zu lassen … meine Favouriten waren Lakritz-Smilies ( die grossen), Gummischnüre ( man kann sie runterschlucken und wenn man sie festhält wieder hochziehen … Mahlzeit !), saure lange Gummischnuller ( SO sauer gibts die heute gar nicht mehr, man hatte sich schon regelmässig die oberste Epithelschicht des Gaumens verätzt – aber sie waren so gut !) und kennt noch jemand diese grossen Wunderkugeln die nach schichtweisem Ablutschen die Farbe veränderten ?
( Danke auch an dieser Stelle an den Veilchen-Seifen-Kommentar, ich hatte sie ganz vergessen – herrlich :-))
Meine ( schon ziemlich grossen) Kinder wachsen leider ohne Büdchen auf, aber ich werd ihnen nachher mal deinen Beitrag zeigen, vielleicht beschliessen sie später ihre eigenen Kinder dann wieder in Büdchengefilden grosswerden zu lassen :-)
You made my day !
Lieber Gruß
Steffi
Jaaaa…. diese Wunderkugeln, die die Farbe wechseln. War da nicht im Kern ein Kaugummi? Die fand ich super und immer war die Zunge danach blau oder rot!
Danke für diese Erinnerung!
LG Bine
Schokokussbrötchen! Verbinde ich immer noch mit dem Bäcker auf dem Schulweg, den es seit Jahren nicht mehr gibt und dessen Glasfront gemauert und Inneres nun eine Wohnung ist.
Wie schade… eine zugemauerte Türe. :-/
LG Bine
Hallo Bine,
Ein schöner Bericht über die Büdchentour. Besonders das letzte Bild ist cool… Yummi! Für mich müssen auf jeden Fall Salz-Diamanten, Frösche und Erdbeeren in die Tüte, aber auch zu Lakritz-Schnullern und Kirschen sag ich nicht Nein. :D
Es war toll, dich mal persönlich kennen zu lernen.
LG
Nika
Ja, Nika! Das fand ich auch. Bis zum nächsten Mal!
LG Bine
Oooohhhhhh N…..kussbrötchen <3
Die hab ich als Kind geliebt!!!
Und saure Pommes, Colaflaschen und diese Schnullerdinger… Und Ufos!!! Kennt noch einer die Brauseufos???? Ich mag sofort nochmal 5 sein…
Liebste Grüße
Janna
Oh ja, die kenne ich noch, die Brauseufos. Daraus habe ich
letztes Jahr… oder ist es schon zwei Jahre her? – eine
Geburtstagstorte für das Tochterkind gemacht.
LG Bine
ich lieeebe kiosks und wenn sie ne “gemischte tüte” haben dann doppelt :D
was haben wir früher unser taschengeld für süßekram da ausgegeben…hach!
Ja, das haben wir. Und das sollten wir wieder tun, wenn wir
ein Büdchen sehen!
LG Bine
Liebe Bine,
vielen Dank für diese wunderbare Reise durch Sülz und Klettenberg zurück in meine Kindheit, Klatschbrötchen habe ich das letzte Mal in Schultagen gegessen .
Und tatsächlich habe ich mindestens zwei Kioske auf deinen Bildern wiedererkannt. Ab morgen werde ich mit offenen Augen auf Ausschau nach Büdchen durchs Veedel gehen. Und mit Bruno möchte ich auch unbedingt mal losziehen … Deine Dagmar
Ich vermisse es total mir gemischte Tüten am Büdchen zu holen :D Tolle Bilder!
Danke für das nette Kompliment, Sandra!
LG Bine
Liebe Sabine!
Was für ein toller Bericht über die Büdchen, die sich alle genau in meiner Umgebung befinden. Ich lebe schon 15 Jahre in Sülz.
Ich mache mit Freunden im Sommer auch immer Büdchen-Touren. Das sind immer die lustigsten Abende. Denn so ein Büdchen ist wirklich ein kommunikativer Platz.
Ich kaufe heute für meine bunte Tüte immer noch am liebsten: Weingummi mit diesem weißen Schaum drunter, Salinos und diese roten Herzen … Diese sauren Dinger lieb ich auch, aber die machen mir immer die Zunge so rau. Das mag ich nicht so.
Von den Spaziergängen mit Bruno erzählen meine Nachbarn (ich hab ne Wahnsinns-Nachbarschaft) immer ganz begeistert. Ich glaub es wird Zeit endlich mal selbst eine Veedelsführung zu machen … Danke für die Anregung und den schönen Beitrag!
Lg Rabea
[…] Route der BüdchenTour 2015 etwas genauer dargestellt haben möchte, sollte sich den Rückblick von Bine auf waseigenes.de durchlesen. – Denn ich muss nun leider zum Kiosk und noch Milch für meinen Kaffee besorgen. […]
Nachdem wir von Köln nach Hamburg gezogen sind, vermisse ich die Büdchen wahnsinnig. Ich frage mich warum es in der Mehrzahl der Städte keine ewig-lang-geöffneten Büdchen gibt? Das muss doch auch in München und Hamburg funktionieren?
das sind ganz besonders tolle bilder! und sie lösen bei mir ganz akute sehnsuchtserinnerungen nach köln (und einigen sehr lieben menschen dort) aus….
danke dir,
hadassa