{Werbung ohne Auftrag | Buchtipp: Der Markisenmann | selbst gekauft}
Wenn man von zwei Freundinnen, die sich nicht kennen und demnach nicht abgesprochen haben können, ein Buch empfohlen, fast schon aufgedrängt bekommt, dass man es wirklich, unbedingt lesen müsse…. dann liest man es. Wie hätte ich mich da wehren können?
Buchtipp: Der Markisenmann
Ich gebe zu: Ich hätte es mir wahrscheinlich nicht gekauft, wenn diese beiden Damen nicht so vehement dafür plädiert hätten. Obwohl ich Herrn Weiler, der mich schon mit Maria, ihm schmeckt’s nicht, phänomenal unterhalten hat, durchaus schätze. Wie lange ist das her? 10 Jahre? Unglaublich.
Nun denn. Ich kauft es mir und fing an und konnte nicht aufhören. Einfach nur toll. Schön. Wow. Hach.
Darum geht’s bei “Der Markisenmann”:
Die sechzehnjährige Kim hat’s nicht leicht. Sie steckt in der Pubertät und ist mit einer etwas schrägen Familie gestraft. Sie ist ein ganz normales Mädchen, dass hier und da mal bockig ist, mit sich selbst nicht so recht im Reinen, genervt vom Stiefvater und auch vom kleinen Bruder und von der Schule erst recht. Sechzehnjährige sind so. Wir Erwachsenen, wir kennen das. Mehr oder weniger fühlten wir alle schon einmal so wie Kim.
Nun passiert etwas, was nicht hätte passieren sollen und erst recht nicht hätte dürfen und so wird Kim kurzerhand für sechs Wochen abgeschoben und zwar zu ihrem leiblichen Vater, den sie gar nicht kennt. Ronald Papen ist dieser Unscharfe auf dem Foto, was sie früher mal gesehen hat. Irgendwann war das Foto weg. Sie kann nicht mehr erinnern, wie er darauf ausgesehen hat und da ihre Mutter nicht über ihn spricht, weiß das Mädchen nichts über ihren leiblichen Vater.
Und bei ihm soll sie nun ihre Sommerferien verbringen. Raus aus dem schnieken Hahnenwald, einem noblen Vorort von Köln, rein ins tiefste Ruhrgebiet nach Duisburg-Meiderich.
Mumbai und Kopenhagen, da kannste nicht Nein sagen.
Papen lebt in einer Lagerhalle in einem Gewerbegebiet. In seiner Nachbarschaft befinden sich eine Spedition, eine Autowerkstatt, ein Schrottplatz und eine runtergerockte Kneipe. Und in der Halle, in der er lebt, befinden sich Stoffbahnen und Stangen, Schrauben und Zeug zum Bau von Markisen. Restbestände aus der DDR. Es gibt zwei Designs: Braun-orange mit dem klangvollen Namen Mumbai und grün-blau, genannt Kopenhagen.
Kim traut ihren Augen nicht. Sechs Wochen in einer Lagerhalle, in einer Abstellkammer ohne Fenster, mit einem Mann, den sie nicht kennt? Was sollen das für sch*** Sommerferien werden?
Und dann lernt das Mädchen Papen kennen. Richtig kennen. Seinen Alltag, sein Leben, seine Wurst-Kompetenz und alles, was diesen stillen und freundlichen Menschen ausmacht. Kim begleitet ihn fortan bei seinen skurrilen Verkaufstouren durch das Ruhrgebiet.
Zitat: Aber er tat instinktiv das Richtige und erzog mich natürlich trotzdem, quasi aus Versehen, indem er mir vorlebte, wie man sich als zivilisierter Mensch verhält. Er war immer höflich, hatte für jeden eine Lächeln, hörte geduldig zu, war hilfsbereit und niemals zynisch ….
Und Kim lernt die paar Menschen rund um Papen kennen: Den Automechaniker Lütz, den Frührentner Oktopus, Achim und den 14-jährigen Alik. Menschen, die keine Ansprüche stellen, die einfach nur da sind.
Zitat: Das gemeinsame Schweigen als Kulturtechnik des sozialen Austauschs schien hier in der Gegend sehr verbreitet zu sein. Ich kannte das nicht. In meiner Welt wurde immer geredet, geplappert, getratscht, gemeckert oder geschrien.
Es ist eine Geschichte über Familiengeheimnisse und Schuld, über Verantwortung und Vergebung. Auch übers Erwachsenwerden und über die Schönheit des Ruhrgebietes. Und deswegen steht es wahrscheinlich auch auf der Shortlist des Literaturpreis Ruhr 2022. Unerhört! ;-)
Wer hat’s schon gelesen? Wer wird es noch lesen?
Fröhliche Freitag-Grüße
Bine
- Heyne Verlag
- Der Markisenmann: Roman
- ABIS-BUCH
- Orange
- Weiler, Jan (Autor)
Letzte Aktualisierung am 2024-11-24 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
8 Kommentare
Liebe Bine. Ich habe es im Urlaub gelesen. Mein Sohn hatte es in der Bücherei ausgeliehen. Mir hat es gut gefallen. Die Stimmung war gut eingefangen. Unterhaltsames Buch..
Ja, absolut unterhaltsam, liebe Ani! :-)
Vielen lieben Dank für diese Empfehlung! Ich hätte es wohl auch nicht gekauft, aber was Bücher angeht bist Du für mich die “Freundin”, auf deren Empfehlung man vertrauen kann!
Oh, liebe Sara! Das freut mich aber sehr. Ich bin gerne Deine Buch-Empfehlung-Freundin. :-)
Wenn Du schon andere Tipps von mir gelesen und ebenfalls gut gefunden hast, dann wird Dir der Markisenmann ganz bestimmt auch gefallen.
Schreib mir auf jeden Fall, wenn Du es gelesen hast.
Liebe Grüße Bine
Klasse Buch. Habe es auch verschlungen und vielfach weiterempfohlen. Die Geschichte hat mich in vielen Teilen berührt und sie ist mit wenig Slapstick dennoch lustig. Auch das Ende fand ich schön.
Ja, auch das Ende. Tatsächlich. Ich war sehr traurig, aber ich fand es dennoch sehr gelungen, liebe Ines!
Das Buch ist mir nun schon einige Male über den Weg gelaufen. Vielleicht ist es ein Zeichen sich da mal dran zu wagen. Ist eher nicht so meine Literatur glaub ich. Aber immer mal was neues schadet nicht. Danke für die Empfehlung.
Liebe Tobia, ich kann das natürlich nicht beurteilen, weil ich Deinen Geschmack nicht kenne… aber dieses Buch hat’s mir wirklich angetan.
Ich kenne Jan Weiler nur durch “lustige” Romane, wie “Maria im schmeckt’s nicht” – was ich auch sehr lustig fand – aber diese Geschichte hier ist anders.
Vielleicht gibst Du ihr eine Chance? :)
Liebe Grüße Bine