Nachlasskontakt. Über dieses Wort bin ich neulich gestolpert, als ich mal wieder die Einstellungen meines Facebook Kontos überprüfte. Hin und wieder mache ich das. Ich unterstelle ja Herrn Zuckerberg und seinen schlauen Internetcracks, dass sie machmal, wenn Ihnen langweilig ist, einfach die Einstellungen unserer Konten verändern. Das merkst gar nicht. Plötzlich teilst Du Deinen Samstagabendabsturz nicht nur mit Deinen engsten Freunden, sondern mit der ganzen Welt. Voll peinlich.
Nicht, dass Ihr denkt, ich würde sowas posten. Könnte ich gar nicht, ich stürze nie ab. Die Zeiten sind vorbei, ich kenne meine Grenzen.
Auf jeden Fall stand da dieses Wort: Nachlasskontakt.
“Ein Nachlasskontakt ist eine von dir ausgewählte Person, die im Todesfall dein Konto verwaltet. Diese Person kann beispielsweise einen Beitrag in deiner Chronik fixieren, auf neue Freundschaftsanfragen antworten und dein Profilbild aktualisieren. Allerdings kann sie nicht in deinem Namen posten oder deine Nachrichten sehen….”
Habt Ihr Euch schonmal Gedanken gemacht, was ist, wenn Ihr nicht mehr seid? Nicht betreffend Euer Hab und Gut, nicht Euer analoges Leben, sondern Euer online-Leben. Was passiert dann mit Euren online Aktivitäten? Mit Eurem Facebook, Instagram, Pinterest und Twitter-Konto?
Vor nicht ganz zwei Jahre, es war Herbst, da klickte ich auf das Facebook Profil einer alten Kollegin. Wir haben uns im analogen Leben schon sehr lange nicht mehr gesehen, aber über Facebook waren wir noch verbunden. In meiner Timeline poppte ein Beitrag von ihr auf, den ich aber gar nicht richtig gelesen hatte. Ich sah ihren Namen und dachte Guck mal was sie Neues gepostet hat. Ich musste einmal, zweimal, dreimal hinsehen und lesen, bis ich verstand, dass nicht sie dort einen Post veröffentlicht hatte, sondern eine Freundin. Meine Kollegin war gestorben. Ihre Freunde posteten auf ihrer Seite, fragten, was los wäre? Fragten, was passiert sei? Wollten wissen, wie es passiert war? Ich war geschockt, las mich durch alle Beiträge und Kommentare, bis ich meinte, ein grobes Bild vom Geschehen zu haben.
Manchmal klicke ich noch auf ihr Profil. Es wurde nicht gelöscht. Mittlerweile liegt ein Banner ganz oben darüber, der da sagt ” In Erinnerung an A. Wir hoffen, dass all jene, die A. lieben, durch den Besuch ihres Profils Trost finden.”
Das ist eigentlich eine ganz schöne Lösung von Facebook. Aber, ich glaube, ich möchte das nicht. Ich würde mir wünschen, dass mein privates Facebook Konto gelöscht wird. Auch meine Fanpage sollte gelöscht werden. Ebenso mein Instagram, mein Pinterest und mein Twitter Account. Alles weg.
Was den Blog hier betrifft, bin ich mir nicht sicher.
Warum sollte ich alle Nähanleitungen und Rezepte, alle Tipps und Tricks “mit mir nehmen” und sie nicht einfach da lassen, wo sie sind. Wo andere sie noch finden, lesen und vielleicht nachmachen können? Dann müßte ich aber jemanden beauftragen, die Kommentare zu schließen. Wäre es nicht schräg, wenn sich jemand bei mir für eine Anleitung bedankt, ohne zu wissen, dass ich nicht mehr bin? Und was ist mit meinem Profilbild da rechts? Und dem kurzen Willkommenstext? “Hallo, hier schreibt Bine…” Nee, tut sie dann ja nicht mehr. Sollte ich schonmal ein Profilbild mit einem schwarzen Band an der Seite erstellen? Und wären einige (neue) Besucher nicht vielleicht irritiert oder gar geschockt, wenn sie auf den Blog klicken und realisieren, dass die Blogschreiberin gar nicht mehr ist? Ich fände das befremdlich.
Eine Frage wirft die andere auf. Und ich höre mich hier gerade so an, als ob es schlecht um mich ginge. Nein, das tut es nicht. Alles bestens, alles gut. Dieses Wort Nachlasskontakt hat einfach mein Gedankenkarussell ins Rotieren gebracht.
Ich klappe jetzt besser den Laptop zu, gehe mit Mollie eine Runde am See joggen und genieße dann den Feiertag mit meinen Liebsten. Das solltet Ihr auch tun – aber, wenn Ihr Zeit und Lust habt, dann laßt mich doch wissen, ob Ihr Euch schon jemals Gedanken zu diesem Thema hier gemacht habt und, ob Ihr vielleicht schon irgendwie vorgesorgt habt?
Liebe Grüße, Bine
26 Kommentare
Hm. Schwierig. Ich habe nur ein Instagram-Account und Facebook. Intuitiv oder aus dem Bauch heraus: Facebook löschen und Insta könnte stehen bleiben…Viel wichtiger fände ich den übrigen Nachlass und Nein, da ist nicht viel aufgearbeitet. Hm. Schiebe ich weg, aber eigentlich überfordert man damit die Hinterbliebenen…Laufen wäre hier bei starkem Wind und Regen nicht drin. Ich denke nach….
Öhhmm… Nee. Hab ich nicht. Macht mir im Moment aber auch ein bisschen weit Angst.
Ich gehe besser auch eine Runde joggen. Ich würde bestimmt wie du, eine Löschung meiner Accounts bevorzugen.
Liebe Grüße
Andrea (die du etwas vergrübelt zurück lässt)
Ich wollte Dir keine Angst machen, Andrea! Hoffe, dass Du Dir den Kopf frei laufen konntest!
Liebe Grüße Bine
Interessant, was dein Beitrag auslöst…schwupps drehen sich die Gedanken…so ist wenn es zu Ende ist…
Ich denke unser virtuelles Leben hat kein Ende, denn das Netz vergisst nichts; wie wir ja Alle wissen…
….dennoch FB würd ich löschen wollen…meinen Blog…das erledigt sich ja leider irgendwann von selbst, wenn keiner mehr die Hostingkosten zahlt…vielleicht wird er jedoch bleiben…irgendwie…hach…eigentlich möcht ich mich jetzt lieber wieder auf meine JETZTIGES reales Leben kümmern und koch mir jetzt einen feinen Kaffee und werd weiter quilten und Musik hören….denn die MAIradtour fällt heute leider wegen Sturm und Regen aus…grau…wie die Gedanken….
Fühl dich lieb umärmelt
Gabi
Ja, da habe ich mir Gedanken zu gemacht und war, nicht zuletzt aufgrund von Beispielen im Umfeld, recht schnell fertig damit. Ich habe alle Daten zusammengefasst und zwei Personen wissen, dass ich wenn ich nicht mehr bin, alles gelöscht haben möchte und eine von beiden wird das dann hoffentlich reibungslos für mich umsetzen können. Wenn ich weg bin, bin ich weg, bleibe hier und da in Gedanken mancher, aber auch in der Internetwelt mag ich dann nicht mehr sein, Zeit für Neues.
LG Maren
Typisch Maren! Stets geradeaus. Finde ich super, dass Du da eine klare Meinung zu hast und auch schon alles geregelt hast!
Liebe Grüße Bine
Ja, ich habe mir Gedanken dazu gemacht. Aber ich gehöre zu den Menschen, die schon lange einen notariell beglaubigten Erbvertrag haben und eine Generalvollmacht erteilt haben. Ich kümmere mich um so etwas!
Mein Mann kennt meine Passwörter und wird einen Abschiedbeitrag im Blog veröffentlichen, damit die Leser Bescheid wissen. Nach einiger Zeit wird er dann alle Profile und Webseiten vom Netz nehmen. Umgekehrt werde ich das genauso tun. Falls wir unwahrscheinlicherweise zusammen ist die Kiste springen, wird es schon schwieriger. Dann hat keiner die Passwörter und unsere Schwestern den Ärger an den Hacken. Aber das werden die dann auch schon hinbekommen.
Wow, Ines! Hast Du schon einen Abschiedsbeitrag geschrieben? Als Entwurf gespeichert?
Liebe Bine,
ich hab meinen Eltern erklärt, wie sie auf alles zugreifen können, um Sachen abzumelden und zu schließen. Wobei das vermutlich im Trauerfall schon recht viel wäre, was da auf sie einprasselt.
Bei meinem Blog denke ich, dass der Webhoster diesen schließt, wenn keiner mehr zahlt. Und wenn so eine Rechnung bei meinen Hinterbliebenen eintrudelt, dann können sie ja überlegen, ob sie ihn am Leben erhalten wollen – den Blog.
Reizvoll finde ich den Gedanken, wenn Dein Blog überleben würde, dann könnten die Kinder Deiner Kinder zeigen, wie die Oma, Uroma, Urur… war. Heutzutage hat man nur noch ein paar alte verblasste Fotos. Aber was wäre, wenn dieser große Teil des Lebens als Nachlass bleiben würde? Wie ein Fußabdruck den man hinterlassen hat und der nicht einfach weggespült wird. Meistens erlischt die Erinnerung nach der dritten Generation. Ich kenne noch Erzählungen meiner Mutter von ihrer Oma, aber ich hab sie nie kennenglelernt. Und nach mir wird es dann weg sein – für immer. Ich glaube ich würde meinen Blog dann gern noch am Leben wissen, auch wenn da keiner mehr schreibt.
LG Mareike
Mareike, diesen Gedanken hatte ich auch schon. Meine Tochter liest hin und wieder hier mit. Beide Kinder spielen hier zwar keine Hauptrolle, aber sie haben ja die reale Parallelwelt zu dieser hier erlebt… ich könnte mir schon vorstellen, dass sie später das ein oder hier nachlesen und sich dann Puzzleteile zusammensetzen. Dazu kommt Dein Gedanke- die Enkel, Urenkel, usw.
Ein schöner Gedanke. :-)
Liebe Grüße Bine
Ja, ich habe mir ebenfalls Gedanken gemacht und meinen Mann entsprechend instruiert. Da ich auf den sozialen Medien nur mit meinem Blog vertreten bin, darf dieser gerne mit einem entsprechenden Hinweis, dass es mich nicht mehr gibt, bleiben.
xx Rena
http://www.dressedwithsoul.com
Ich bin vor einigen Jahren auch über das Thema gestolpert , als bei einem Klassentreffen darüber gesprochen wurde , wie die Familie eines schulkollegen darum kämpfte nach seinen Tod den Facebook Account zu löschen. Aber anscheinend sind diese Fälle schon so oft vorgekommen , dass es inzwischen Lösungen gibt. Ich selber habe mir ehrlich gesagt darüber selbst keine Gedanken macht , sollte ich vielleicht aber mal….. nur nicht jetzt , liebe Grüße Kirsten
Tatsächlich habe ich für mich selber nichts geregelt, noch nicht mal eine Patientenverfügung oä- was ja noch etwas wichtiger wäre… Sollte ich mal wieder auf die TO DO-Liste setzen. Dringend.
Letztes Jahr ist Anne gestorben. Ihr Blog “Überall & Nirgendwo” ist immer noch online und ich lese oft darin. Als wir im Februar eine Agnetenparty gemacht haben. Oder jetzt, wenn wir unseren Thailand-Urlaub planen. Ich finde es sehr schön und tröstlich, daß dieser Teil von ihr hiergeblieben ist. Und vielleicht geht es ihren Kindern auch so?
Liebe Grüße, Yvette
Da könntest Du recht haben, Yvette. Ich glaube, mich würde es immer wieder traurig machen, wenn ich all die Hinterlassenschaften einer Verstorbenen lesen würde… aber vielleicht übertreibe ich da nur?! ;-)
Ich werde weiterhin darüber nachdenken!
Liebe Grüße Bine
Hallo
Wäre es so schlimm wenn noch was zu lesen wäre von uns? Auch wenn man selbst nicht mehr ist? Wir lesen doch auch noch Bücher von Verstorbenen und hören deren Musik.
Warum sollte man dann keine Blogs von Verstorbenen lesen?
Ich fände es daher fast schade wenn mich meine Familie überall löschen würde.
Ich war doch da und hab mir dabei was gedacht. Oder auch nicht ? ne, ich darf ruhig im Netz bleiben.
Schönen Feiertag
Wünscht Nina
Nein, gar nicht- es wäre nicht schlimm! Ich sehe nur den Unterschied darin, dass Blogs und andere Accounts einfach nahbarer sind, als das Buch eines Verstorbenen. Hier könnten wir ja theoretisch in Kontakt treten, was dann aber nicht mehr geht.
Ach, ich weiss doch auch nicht! :-))
Ich hab mir auch schon Gedanken darüber gemacht, es ging mir wie dir, ich ging auf die Seite einer Bekannten und da stand da was mit RIP im Satz, erst dachte ich es ist ein morbider Scherz und dann las ich auch weiter und stellte fest das ein Angehöriger hier schreibt. Da ging dann bei mir auch das Gedankenkarussell los. Ich bin aber nicht für löschen aller Profile, es ist doch eine schöne Erinnerung an den Menschen, warum sollte man alles löschen, ich werfe ja auch keine Fotos weg wenn einer stirbt, im Gegenteil, sie dienen als Erinnerung an die gemeinsame Zeit und so ist es doch auch mit den Profilen im Netz. Ich darf auch ruhig im Netz bleiben.
Viele Grüße Kathrin
Kathrin, ich kann das Gedankenkarussell nachvollziehen.
Auch den Vergleich mit den Fotos! Gutes Argument!
Wenn ich nicht mehr bin, schwirrt der Blog herum und meine Arbeit – und auch Facebook dann ist das so, dann werde sich die Leute an mich erinnern ;) und man ist nicht ganz verschwunden…. habe noch keine Vorsorge getroffen.
Liebe Grüße
Ich hab neulich in einer Nähgruppe im Gesichterbuch einen Post gelesen, von einer Frau, die den Blog ihrer an Krebs verstorbenen Tochter verlinkt hatte, ich glaube, an deren Todestag. Ich finde es tröstlich, wenn etwas bleibt. Und so, wie ich mich durch die Briefe und Alben meiner Großeltern geblättert habe, so finde ich den Gedanken schön, dass meine Kinder und Kindeskinder vielleicht mal meinen Blog lesen, oder meinen Instagramaccount durchblättern. Die Zeiten ändern sich, und mit ihnen vielleicht auch die Wege, wie wir etwas “bleibend” machen, für die, die nach uns kommen, oder einfach nur für uns selber. Ich vermute, mein Weg wäre, den Facebookaccount löschen zu lassen und meinen Blog und den Instagramaccount auf privat stellen zu lassen. Ganz löschen fände ich schade, vielleicht auch, weil zumindest der Blog schon so lange mein Begleiter ist.
Allerdings habe ich noch keine Vorsorge dahingehend getroffen. Und ich glaube, dabei lasse ich es auch vorerst.
Liebe Grüße
Arlette
Lieben Dank für Deinen Denkanstoß Arlette.
Den Gedanken, dass alles, was bleibt tröstlich sein könnte, hatte ich noch nicht,
wenn ich ehrlich bin. Aber ich finde ihn gut!
Nein, ich habe keinen Nachlasskontakt. Es ist einfach niemand da, der diese Aufgabe erfüllen wird. Die Blogs werden verschwinden, das FB und insta Profil bleiben.
Wir sind nur ein Windhauch auf der Erde. Irgendwann hat man uns eh vergessen. Es werden neue Menschen kommen, die die Lücken füllen werden.
Hm. Ganz so deutlich sehe ich es nicht. Es gibt doch immer jemanden, der noch da sein wird und uns nicht vergessen mag. Klar kommen neue Menschen… jeden Tag… ich denke weiter nach ;-)
Nachgedacht darüber habe ich schonmal… etwas in die Wege geleitet aber nicht.
[…] Tee heiß zu trinken. Dann mal ran, an den kalten Tee… Nachdenklich hat mich der Post von Bine (was eigenes) gemacht. Was passiert eigentlich, wenn ich nicht mehr bin, mit meinen ganzen virtuellen Kontakten? […]
Hallo,
da wir letztes Jahr einen plötzlichen Tod in der engen Familie hatten und alle völlig damit überfordert waren in unserer Trauer auch noch den Nachlass zu verwalten, habe ich mich hingesetzt und bereits jetzt (ich bin Ende 30) einfach ALLES aufgearbeitet. Eine Excelliste erstellt mit Versicherungen, Ansprechpartnern, LogIn-Daten für Amazon, ebay, Bank, Kreditkarte, etc. Telefonanbieter, Stromversorger, diverse Kundennummern…. Aber natürlich geht jeder mit dem Thema Tod anders um. Ich bin da relativ Vernunftgesteuert. Irgendwann ist unsere Zeit “hier unten” halt rum. Ende der Diskussion. Am Tod führt leider kein Weg vorbei. Warum also sollte ich das Thema negieren? Ich persönlich finde es einfach wichtig, dass die Familie trauern kann und darf und dafür auch die Zeit und den Raum hat. Und sich nicht um die Aufarbeitung meines Kruschtes kümmern muss. FB und Insta hab ich nicht, aber an meinen Blog hab ich noch nicht gedacht. Der kommt gleich noch mit auf die Liste. Wenn’s nach mir geht: Ex und hopp. Wenn meine Angehörigen das anders sehen – bitte. Bin dann eh nicht mehr da um mich darüber aufzuregen :-)
Liebe Grüße,
Krümel