Einfacher Satz, schwierige Umsetzung, oder? Wer liebt sich schon selbst? Mit allem drum und dran, mit Haut und Haaren und ganz besonders mit jedem einzelnen Polster und jeder Delle? Ich kenne keine, wirklich keine Frau, die rundum mit sich zufrieden ist. Irgendwas ist doch immer. Der Hintern, die Wimpern, der Winkearm, das Doppelkinn, die Schenkel, die Füße. Okay, über Füße kann man streiten. Füße sind per se nicht schön oder sagen wir selten schön. Aber Füße braucht der Mensch nun mal und wenn sie gepflegt sind, dann sind sie zumindest oaky. Ich mag meine Füße sogar, sie sind zwar recht groß, was immer wieder auf Verwunderung anderer stößt, aber bei einer Körpergröße von 1,82 m, sähe Schuhgröße 38 wirklich banane aus. Abgesehen davon, dass ich wahrscheinlich umkippen würde.
Der Bauch ist nicht mein Ding. War er nie. Wird er nie sein. Mittlerweile habe ich mich an ihn gewöhnt. Wir kommen miteinander klar. Ich bin 42 Jahre, machen wir uns nix vor, et is wie es is. Trotzdem liege ich im Sommerurlaub im Bikini am Pool und lasse mir die Sonne auf die Wampe scheinen. Kennt mich ja keiner dort. Und ich sag nur: je älter Du wirst, desto selbstbewusster wirste. Glaubt mir. Und wenn es bei Euch nicht so ist, dann solltet Ihr heute damit anfangen!

Früher hätte ich das niemals gemacht. Da hätte ich mir ein Shirt übergezogen. Schaue ich mir heute Bilder von früher an, dann denke ich: Auch da hättest Du schon Bikini tragen können – wen interessiert’s?, haste aber nicht, was für ein Jammer.
Heute ist es mir meistens egal, was andere denken. Du findest meinen Bauch zu dick? Kehr mal vor Deiner eigenen Haustüre. Oder noch besser: Lass und uns doch versöhnlicher miteinander umgehen. Du mit Deinem Hintern, ich mit meinem Bauch. Wir haben alle unser Kreuz zu tragen. Ertragen wir es gemeinsam mit einem Lächeln auf den Lippen!
Natürlich kann ich nicht von mir behaupten, dass ich immer zufrieden mit mir bin und dass ich mich nicht von hübschen Models oder tollen Influencer Frauen (die schon in der Früh einen wahnsinnig fotogenen Smoothie präsentieren) in den sozialen Netzwerken beeinflussen lasse. Ich bin eine Frau, Frauen lassen das mit sich machen! Frauen können manchmal so hohl sein!
Es gibt immer mal wieder Phasen, in denen ich mich scheiße fühle. Zu dick, zu unorganisiert, zu vergeßlich, zu träge, zu bäh. Dann schiebe ich zwar Frust, habe aber einfach nicht die Kraft, dagegen anzugehen. Stattdessen schaue ich mir an, wie andere auf Youtube schwitzen oder sich toll schminken und schmiere mir nebenbei eine Nutallatoast.
Und dann gibt’s Phasen, in denen habe ich Lust und Kraft etwas zu ändern oder Gas zu geben. Da bleibt das Nutellaglas im Schrank, da setze ich mich einmal mehr auf’s Fahrrad, da habe ich alle Termine auf dem Schirm, da freue ich mich über ein verlorenes Pfund. Seit Anfang des Jahres habe ich knapp fünf Kilo runter. Super Gefühl, denn die Klamotten sitzen lockerer und ich traue mich auch wieder mehr mich selbst hier zu zeigen. Zum Beispiel, wenn ich für mich etwas genäht habe.
Selbstoptimierung! Hol das Beste aus Dir raus! Hab Dein Leben im Griff! Das alles liest man immer wieder und überall. Im Internet, in jeder Frauenzeitschrift. Ein aufgeräumtes, am besten noch stylish eingerichtetes Heim, jeden Tag eine gesunde warme Mahlzeit auf dem Tisch, einen gut sortierten und stets aufgeräumten Kleiderschrank (ich kann dieses capsule wardrobe nicht mehr hören!), ein gut bezahlter Job, mindestens zweimal die Woche Sport, kreative Ergüsse am laufenden Band, ein gut frequentierter Instagram-Account, wohl erzogene Kinder, nicht zu vergessen der umsorgte Gatte, hin und wieder eine Detox-Kur, weil – ach – wir sind ja alle so vergiftet … das alles wollen wir in unser Leben packen und dabei noch frisch und knackig, mit lackierten Nägeln, durch den Alltag springen. Selbstverständlich immer dabei, die gute Laune.
Funktioniert nicht. Da bin ich mir sicher. Entweder oder. Was anderes gibt es nicht. Man kann nicht immer 100% geben, 100% sein und 100% aussehen. Das ist einfach nicht möglich. Und das ist auch wirklich nicht nötig!
Liebe Dich selbst!
Sich selbst zu lieben, heißt für mich nicht nur, das eigene Aussehen und den dazugehörigen Körper zu mögen, sondern eine gewisse Grundzufriedenheit zu spüren. Lasst uns doch lieber mal einen Gang runterschalten. Scheiß auf das unaufgeräumte Wohnzimmer! Trink lieber mit Freunden einen Aperol Spritz im Garten. Vergiß heut mal die Diät, wenn Deine Freundin mit Dir zum Mexikaner gehen möchte. Äh, ne- sorry, mexikanisch geht jetzt gerade gar nicht. Aber italienisch können wir jederzeit essen gehen.
Ich möchte von mir behaupten, dass ich von Jahr zu Jahre entspannter und weiser geworden bin. An meinem 40. Geburtstag habe ich mir gesagt: Das Leben ist voller wertvoller Momente, die man genießen sollte. Du bist jetzt alt – nein, drücken wir es etwas freundlicher aus: Du hast jetzt ein Alter erreicht, wo Dir die Meinung anderer einfach mal den Buckel runter rutschen kann. Du stehst mitten im Leben, Du hast was erreicht, Du bist gesund, Du bist glücklich – dann sei und tu und genieß das auch alles! Der Weg ist das Ziel. Eine abgedroschene Phrase, die ich aber wirklich gerne mag. Sie sagt nämlich, dass man sich nicht immer die Zukunft herbeiwünschen soll, sondern, dass man sich am Jetzt und Hier erfreuen soll. Das tue ich. Nicht wirklich jeden Tag, aber ganz oft.
Meine Selbstoptimierung liegt darin, dass ich mich weder verrückt machen lasse, noch irgendwelchen Trends hinterhechle oder einem Selbstbildnis nacheifere, welches ich wahrscheinlich niemals erreichen werde. Wenn mich was ankotzt, dann versuche ich es zu ändern. Und wenn diese Änderung dauert, dann dauert sie eben. Drei Kilo in fünf Tagen? Geht nicht. Aber in ein paar Monaten auf jeden Fall. Die unaufgeräumte Küche nervt- dann räum sie jetzt auf, verdammt nochmal und zwar zack zack, denn danach hast Du Zeit für ein schönes Buch. Ich sag nur: Prioritäten setzen. Was ist Dir wirklich wichtig? Das perfekte Instagram Foto, die geputzte Küche oder der schöne Moment, den Du gerade mit einem Lieblingsmenschen verbringst?
Stundenlang durch Insta scrollen und dabei immer dieses miese Gefühl von “die anderen sind schneller, fitter, hübscher, ausgeglichener als ich” in sich tragen oder den Mist einfach ausschalten und das tun, was einem Freude macht. Wir bekommen durch social media viel zu viel Einblicke in das Leben anderer und das ist nicht gut. Denn das Leben der anderen ist selten so, wie es dargestellt wird. “Ach, entschuldigt bitte mein Aussehen, ich bin heute gar nicht geschminkt … bla bla bla” und Du sitzt vor dem Handy und denkst- ja was? Früher hätte ich gedacht Boah, ist die hübsch. So ganz natürlich. Heute denke ich Herje, hast Du dieses fishing for compliments wirklich nötig? Mädels, hört auf damit. Mich kriegt Ihr damit nicht mehr, ich ringe mir allerhöchstens ein müdes Lächeln ab; aber junge Mädchen sortieren diese Art von Bildern und Stories völlig falsch ein.
Wieso ich über dieses Thema schreibe? Um meine Gedanken zu sortieren. Die wurden nämlich in den vergangenen Monaten befeuert von Frauen, die wirklich gute und lesenswerte Artikel darüber verfasst haben. Zum Beispiel Frau Piepenkötter, die #oneyearafter viel selbstbewusster ist (bravo!). Oder Berit, die sich fragt, ob sie schön ist und keinen Bock mehr auf fake Schönheiten hat. Oder Jenny, der diese instant happiness auf den Keks geht. Drei Frauen, die sich Gedanken zu bodypositivity gemacht haben und seither einen liebevolleren Umgang mit sich selbst und ihrem Leben pflegen.
Ich wünsche Euch eine gute Zeit beim Lesen der Artikel und wünsche Euch- uns allen – dass wir entspannter und freundlicher mit uns umgehen. Mir hat gestern eine Followerin (eine Verfolgerin, ein Fan, eine… verdammt, gibt es kein vernünftigeres Wort?) geschrieben: Das Leben, das wir leben dürfen, ist schön! Das Wörtchen dürfen gefällt mir unglaublich gut.
Damit schließe ich mein Wort zum Samstag, dass heute ganz spontan in die Welt raus muss.
Habt ein schönes Wochenende und viel Spass beim Fussball gucken heute Abend! Wehe, die Jungs geben nicht ordentlich Gas!
Liebe Grüße, Bine
